Hospiz Esslingen

Besuch vor Ort

Er wollte sich einen Eindruck aus erster Hand machen: Der SPD-Bundestagsabgeordnete und frühere baden-württembergische Finanz- und Wirtschaftsminister Dr. Nils Schmid besuchte das Hospiz Esslingen und bekam von Haupt- und Ehrenamtlichen Einblicke in die Hospizarbeit.

Dekan Bernd Weißenborn informierte den Politiker nicht nur über die Entstehungsgeschichte des 2014 eröffneten und von der Evangelischen Gesamtkirchengemeinde Esslingen getragenen Hauses. Im ersten und bisher einzigen stationären Hospiz im Landkreis Esslingen ist seither die gesamte Hospizarbeit gebündelt. Dazu gehören neben den acht stationären Plätzen vor allem die ambulante Hospizarbeit, die es in Esslingen seit mehr als 30 Jahren gibt, und die Trauerarbeit, die seit der Corona-Pandemie stark an Bedeutung gewonnen hat. „Wir wollten ein Kompetenzzentrum der Hospizarbeit schaffen“, erklärte Weißenborn.

All dies wäre jedoch nicht möglich gewesen ohne die große finanzielle Unterstützung von vielen Menschen, Unternehmen und Institutionen, so Weißenborn. Denn das Hospiz muss ohne dauerhafte staatliche und kirchliche Förderung auskommen. Bis heute müssen bis zu 200 000 Euro pro Jahr für den laufenden Betrieb aus Spenden aufgebracht werden, um das Defizit auszugleichen, das nicht durch Tagessätze von Kranken- und Pflegekassen gedeckt ist. Eine wichtige Stütze sei dabei der Förderverein Hospiz Esslingen, der immer wieder erhebliche Summen vor allem für einzelne Projekte beisteuere, so Weißenborn. Zuletzt finanzierte der Verein eine Photovoltaik-Anlage auf dem Dach des Hauses. Der Trauerbereich, der hauptamtlich koordiniert wird und in dem sich zehn ehrenamtlich Mitarbeitende in verschiedenen Trauerangeboten engagieren, wird komplett vom Förderverein sowie durch einen Beitrag der katholischen Kirche finanziert.

Das Hospiz wolle sich auch gesellschaftspolitisch positionieren – zu Fragen wie Sterbehilfe oder anderen ethische Themen. Auch wenn der Bundestag eine Entscheidung zur Frage des assistierten Suizids auf die nächste Wahlperiode verschoben hat, machte Nils Schmid klar: „In der Frage der Sterbehilfe bin ich ganz nah an der Position der Kirche. Wir müssen sehr sorgfältig überlegen, wie wir das regeln.“

Auch wenn das Haus unter kirchlicher Trägerschaft stehe, sei es offen für Menschen aller Religionen, Konfessionen, gesellschaftlicher Stellung, Lebensform oder Weltanschauung, betonte der Dekan. Rund 900 Sterbende wurden in den vergangenen zehn Jahren im stationären Bereich begleitet. Manche blieben nur wenige Stunden oder Tage, andere über ein Jahr, sagte Annette Jetter-Laub, die Leiterin des ambulanten Bereichs, die Susanne Kränzle vertrat, die die Gesamtleitung hat.

Schmid interessierte vor allem auch die konkrete Arbeit im Hospiz. Während im stationären Bereich 24 Mitarbeitende in Teilzeit Dienst tun, sind es rund 50 Frauen und Männer, die sich ehrenamtlich in der ambulanten Hospizarbeit einbringen und Sterbende zuhause, im Pflegeheim, in der Klinik und teilweise auch im stationären Hospiz begleiten.

„Warum engagieren Sie sich?“, wollte Nils Schmid wissen. Mechthild Mayer, Silvija Lax und Christian Schmidt suchten alle eine sinnvolle Beschäftigung für den Ruhestand. „Ich war sehr dankbar, als meine Mutter damals im Krankenhaus vom Hospizdienst begleitet wurde“, erzählt Mechthild Mayer. Als die Kripoleiterin vor einigen Jahren in Pension ging, machte sie eine Ausbildung zur Sterbebegleiterin. Diese ist umfangreich und dauert rund ein Jahr. Auch der Diplomingenieur Christian Schmidt bekam durch den Tod seines Vaters Zugang zur Hospizarbeit. Silvija Lax, die in der Wirtschaft tätig war, kam über eine Freundin, die sich ehrenamtlich im Hospiz engagiert, zu ihrem Ehrenamt. „Es ist sehr bereichernd, Sterbende und ihre Angehörigen zu begleiten“, bestätigen alle. Gerade für pflegende Angehörige sei die Hospizbegleitung sehr entlastend, betont Mayer.

Dass sich überwiegend Ruheständler in der Hospizarbeit engagierten, habe nicht nur damit zu tun, „dass sich Jüngere mit anderen Themen beschäftigen“, erklärte Jetter-Laub. Die Hospizbegleitung werde meist kurzfristig angefragt, das erfordere Flexibilität, die Berufstätige oft nicht hätten.

Auch Nils Schmid ist über den eigenen Freundeskreis mit dem Thema Sterbebegleitung in Berührung gekommen und hat erfahren, wie wichtig, die hospizliche Begleitung ist. „Ich schätze diese Arbeit sehr“, betonte der Politiker. Umso bedeutsamer sei es, das Thema in das gesellschaftliche Bewusstsein zu rücken.
Um das Hospiz in der Gesellschaft zu verankern, müsse es gut vernetzt sein, erklärte Weißenborn. Dazu gehörten nicht nur Kliniken, sondern auch Pflegeeinrichtungen, mit denen man im Landkreis gute Kontakte pflege. In mehreren Projekten habe man die städtischen Pflegeheime Esslingen bei ethischen Themen unterstützt, nannte er ein Beispiel.

Text und Foto (Gesprächsrunde): Ulrike Rapp-Hirrlinger

Fotos (Haus und Empfang): Team Schmid (mw)

Weitere Informationen über die Arbeit des Hospiz' finden sie unter:

www.hospiz-esslingen.de