Olaf Scholz in Nürtingen

Nils Schmid: „Wir brauchen einen Kanzler, der ein echter Macher ist.“

Ein spannender Vormittag mit einem Wechselbad der Gefühle nahm gestern mit dem Auftritt von Olaf Scholz in Nürtingen doch noch ein gutes Ende. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Nils Schmid hatte den SPD-Kanzlerkandidaten nach Nürtingen eingeladen, um zwischen Wahlkampfterminen in Tübingen und Esslingen auch in seinem Wahlkreis Halt zu machen. Nachdem die Oppositionsparteien aber den SPD-Kanzlerkandidaten zu einer Sondersitzung des Finanzausschusses am Montag eingeladen hatten, war lange unklar, ob Olaf Scholz die Termine in Baden-Württemberg überhaupt wahrnehmen kann. Als Scholz dann persönlich im Ausschuss erschien, um zu den Geldwäsche-Ermittlungen Rede und Antwort zu stehen, wurde bereits der Termin in Tübingen abgesagt. Auch der Besuch in Nürtingen stand lange auf der Kippe. Trotzdem wurden auf dem Nürtinger Schillerplatz mit dem Aufbau von Bühne und Sicherheitsbereich fleißig alle Vorbereitungen getroffen, um den SPD-Kanzlerkandidaten wirklich in Nürtingen begrüßen zu können. Währenddessen kommunizierten die Stuttgarter Zeitung und das SWR bereits, dass auch die Veranstaltung in Nürtingen abgesagt sei.

Um 13:30 Uhr dann aber die erleichternde Gewissheit: Olaf kommt wirklich! Mit einer einstündigen Verspätung war er dann kurz nach 15 Uhr leibhaftig da und wurde von über 400 Anwesenden freudig auf dem vollen Schillerplatz begrüßt. Er zeigte sich trotz eines anstrengenden Vormittags und einer hastigen Anreise souverän und gut gelaunt: In Hemd und Anzugshose hielt er eine Wahlkampfrede, die trotz eines knappen Zeitfensters die für die Sozialdemokraten wichtigsten Punkte einer solidarischen Gemeinschaft und Respekt füreinander abdeckte. So kritisierte er zum Beispiel von der CDU und FDP geforderte „unsolidarische“ Steuersenkungen für Vermögende, welche mit 30 Millionen Euro unfinanzierbar seien.  Im Gegenzug forderte er mehr Geld für Kinder in Form einer Kindergrundsicherung und eine Neuausrichtung der Ausbildungsförderung. Auch auf den Wohnungsmangel und teure Mieten kam er zu sprechen. Angesichts fehlender bezahlbarer Wohnungen forderte er, dass statt den bisherigen 300.000 Wohnungen pro Jahr 400.000 Wohnungen gebaut werden müssten, davon 100.000 öffentlich geförderte, da man „sich das Leben in diesem Land leisten können muss“. Zudem versprach er energisch eine sichere und stabile Rente, auf die man sich verlassen könne. Viel Zuspruch bekam er für die solidarische Aussage „Wir brauchen Garantien – nicht nur für die älteren, sondern auch für die ganz jungen Leute.“

Zudem warb er für einen gesetzlichen Mindestlohn von 12 Euro, der 10 Millionen Arbeitnehmern und Arbeitsnehmerinnen in Deutschland helfen würde. Es sei auch eine Frage des Respekts, Arbeit angemessen zu bezahlen. Es müssten außerdem wieder mehr Tariflöhne bezahlt werden, um mehr Gerechtigkeit in Deutschland zu erreichen. Auch auf den Klimawandel als wichtigste Herausforderung unserer Zeit kam er zu sprechen: Angesichts der Zukunftsängste vieler, auch um ihre Arbeitsplätze, sei es wichtig, Deutschland technologisch an die Spitze zu bringen, aber auch den Klimawandel aufzuhalten. Damit beides zusammen funktioniert, müsse der Staat jetzt in erneuerbare Energien investieren. 

Anlässlich des Weltkindertags stellte er sich zudem den Fragen der Kinderreporter der Nürtinger Zeitung. Kim und David durften bereits während der Wartezeit bereits Nils Schmid und Andreas Stoch, den Landes- und Fraktionsvorsitzenden der SPD Baden-Württemberg, mit ihren Fragen löchern. Unterstützt von der Zeitungsente Paula Print wollten sie dann zum Beispiel von Scholz wissen, ob er ihnen den abraten würde, in die Politik zu gehen.  „Nee“ war seine direkte Antwort, aber er erklärte dann, dass er vom einfachen Weg zum Berufspolitiker abraten würde. Auch er sei vor seiner politischen Karriere Rechtsanwalt gewesen.

Auch auf kritische Fragen aus dem Publikum zum Beispiel zur Digitalisierung an Schulen, zur notwendigen Realpolitik im Kampf gegen den Klimawandel oder zur Wohnungsnot trotz vieler Leerstände antwortete er souverän und überzeugend. Bevor sich Olaf Scholz dann nach einem starken Auftritt und unter viel Applaus in Richtung Esslingen verabschieden musste, betonte Nils Schmid noch einmal: „Es geht darum, das Machbare anzugehen. Wir brauchen einen Kanzler, der ein echter Macher ist.“ Olaf Scholz hat bei seinem Auftritt in Nürtingen gezeigt, dass er genau das kann.