SPD will zuverlässige und bezahlbare Energie - Matthias Miersch zu Gast in Filderstadt

Die SPD-Bundestagsfraktion hat unter der Leitfrage: „Wie gestalten wir Deutschlands Energieversorgung souverän, nachhaltig und gerecht?“ eine offene Diskussionsrunde in der Filharmonie veranstaltet.

„Wir müssen Energie als grundlegende Daseinsvorsorge verstehen“, sagte Matthias Miersch, der für Energie und Klimaschutz zuständige stellvertretende Fraktions­vorsitzende der SPD im Deutschen Bundestag am Montagabend in Filderstadt. Zusammen mit dem Nürtinger Abgeordneten Nils Schmid hatte die SPD-Bundestagsfraktion angesichts der aktuellen Energiekrise zur Diskussion in die Filharmonie eingeladen. Miersch war als Fachmann seiner Fraktion als beratendes Mitglied an der von der Bundesregierung einberufenen Experten-Kommission für Gas und Wärme beteiligt. Susanne Herre, die Hauptgeschäftsführerin der IHK in der Region Stuttgart, brachte die Perspektive der regionalen Wirtschaft in die Diskussion ein.

Der russische Angriffskrieg in der Ukraine und die fehlenden russischen Gaslieferungen haben seit dem Frühjahr die bereits hohen Energiepreise durch die Decke gehen lassen. Der erste Schritt sei deshalb gewesen, die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, erklärte Miersch das Vorgehen der Ampel-Koalition. Dazu mussten unter großer Kraftanstrengung die leeren Gasspeicher gefüllt werden. Er betonte, dass nicht nur die Abhängigkeit von russischem Gas zum Problem geworden sei, sondern auch der zu langsame Ausbau der erneuerbaren Energien. Hier habe man in der Ampelkoalition schon vor Kriegsausbruch die Bremsen gelöst. Erheblichen Nachholbedarf gäbe es aber auch in Baden-Württemberg, wo insbesondere der Ausbau der Windenergie seit Jahren stockt.

Mit Blick auf den Weiterbetrieb von Kohlekraftwerken wies Miersch darauf hin, dass die Energie für diesen Winter sichergestellt sei. Es sei aber möglich, dass man im nächsten Winter wieder vor Herausforderungen stehe. Politik und Bürger dürften deshalb jetzt nicht locker lassen.

Der zweite Schritt sei nun, Energie wieder bezahlbar zu machen. Dafür habe die Bundesregierung schon früh ein Entlastungspaket im Wert von 100 Milliarden Euro verabschiedet. Miersch betonte: „Für die SPD war klar, dass wir niemanden mit hohen Energiepreisen überfordern dürfen.“ Neben Einmalzahlungen wie der Energiepreis­pauschale, sei der SPD-Fraktion schnell bewusst gewesen, dass auch ein systemischer Eingriff notwendig sei. Nun liegt der Gesetzesentwurf der Ampel-Koalition zur Strom- und Gaspreisbremse auf dem Tisch. Dabei sollen die Bürger 80 Prozent ihres Gasverbrauchs zu 12 Cent pro Kilowattstunde und 80 Prozent ihres Stromverbrauchs für 40 Cent pro Kilowattstunde bekommen. Aufgrund der Dringlichkeit sei elementar gewesen, dass eine Maßnahme eingeführt wird, die schnell und sehr breit wirkt. Das Problem sei, dass Versorger nicht wissen, wer sich hinter den Gas-Anschlüssen verbirgt. Daher müsse in Kauf genommen werden, dass auch Personen unterstützt werden, die diese Unterstützung nicht benötigten. „Wir müssen die Preise jetzt schnell runter bekommen.“ Nachjustieren könne man dann notfalls im nächsten Jahr.

Im Zuge von Mierschs Besuch in Schmids Wahlkreis besuchten beide auch die Stadtwerke Nürtingen, um sich mit Geschäftsführer Volkmar Klaußer über die Gas- und Strompreisbremse auszutauschen.

Die hohen Energiepreise betreffen aber nicht nur Strom, Gas und Fernwärme, sondern auch viele Bürger, die mit Öl oder Holz-Pellets heizen. Miersch erklärte, dass auch hierfür Lösungen debattiert würden. Dies sei aber viel schwieriger umzusetzen, weil Verbraucher Öl und Holz-Pellets nicht wie bei Gas oder Strom über feste Lieferverträge einkaufen.

Auch die Wirtschaft spürt die Auswirkungen des Krieges deutlich: Herre berichtete von einer historisch schlechten Konjunkturbewertung durch die Unternehmen in der Region. Etwa ein Drittel der befragten Unternehmen habe angegeben, ohne kurzfristige Hilfsprogramme nicht überleben zu können. Wichtig sei nun, dass solche Hilfen schnell kämen und dabei einfach und rechtssicher seien. Zudem sei Mut gefragt: Der bisherige Ausbau der erneuerbaren Energien sei nicht ausreichend forciert worden. Das griff Miersch dankbar auf: „In jeder Krise liegt eine Chance. Es reicht nicht, nur die Krise zu bewältigen, wir müssen die Ampel-Koalition nun nutzen, um alte Fesseln zu sprengen.“

Auch Schmid sieht trotz der dunklen Wolken Grund zum Optimismus: „Sonne und Wind gibt es überall. In Zukunft können wir auf viele verschiedene Energiepartner setzen, die unsere Werte teilen.“ Notwendig sei aber auch eine echte europäische Industriepolitik.