„Sankt Martin hätte die SPD gewählt.“

Katarina Barley war Festrednerin beim 5. Politischen Martini in Wolfschlugen

Gerade in diesen unsicheren Zeiten brauche die EU die Sozialdemokratie, stellte Katarina Barley am vergangenen Sonntag in Wolfschlugen fest. Der Nürtinger SPD-Bundestagsabgeordnete Nils Schmid hatte zum nunmehr fünften Mal zum Politischen Martini ins Gasthaus Rössle eingeladen. Viele Genossen und interessierte Bürger waren seiner Einladung gefolgt, um der Rede der Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments und zugleich Spitzenkandidatin der SPD für die Europawahl zu folgen.

Sankt Martin erinnere uns an zwischenmenschliche Solidarität. Diese politisch zu organisieren sei eine Kernaufgabe der Sozialdemokratie, stellte Schmid zu Beginn fest und erinnerte daran, dass Solidarität auch beim Zusammenwachsen Europas eine große Rolle gespielt habe.

„Wir leben in Zeiten voller Unsicherheit und Wandel, die nicht nur den Ängstlichen unter uns Sorgen bereiten. Sie machen uns allen zu schaffen“, konstatierte Katarina Barley. Sie bedankte sich daher bei allen, die mit ihrem ehrenamtlichen Engagement für den Zusammenhalt der Gesellschaft sorgen. Als Präsidentin des Arbeiter-Samariter-Bundes wisse sie, wie schwierig es sei, ehrenamtliche Arbeit in Zeiten von Pandemie und Krieg aufrecht zu erhalten. 

Sie gab zu, dass Europa sich beim Thema Solidarität zu Beginn der Corona-Pandemie schwergetan habe. Nach einigem Ruckeln habe man aber schnell reagiert und zum Beispiel den Wiederaufbaufonds auf die Beine gestellt. Maßgeblich verantwortlich dafür seien Olaf Scholz als Finanzminister und sein französisches Pendant Bruno Le Maire gewesen, so Barley. Zudem habe man aus der Finanzkrise gelernt: „Wir dürfen denen, denen es am schlechtesten geht, nicht noch mehr aufdrücken. In Momenten der Krise müssen wir zusammenstehen.“ 

Ein weiteres Beispiel gelebter europäischer Solidarität sei auch die Reaktion der EU auf den russischen Überfall auf die Ukraine gewesen. In kürzester Zeit habe man etwas getan, das der EU keiner zugetraut hatte: Man habe entschlossen gehandelt und binnen weniger Tage Hilfspakete für die Ukraine und Sanktionen gegen Russland verabschiedet. 

Barley verurteilte auch den menschenverachtenden Angriff der Hamas auf Israel an. Sie habe Familien der Geiseln gesprochen, die Grausamkeiten seien so unvorstellbar, dass sie diese nicht ausführen werde. 

Progressive und konstruktive Politik sei momentan schwer umsetzbar, so die Sozialdemokratin: „Es gibt viele, die gerade keinen Zusammenhalt, sondern Spaltung wollen.“ Iran und Russland arbeiteten zum Beispiel von außen gegen die Union an. Aber auch innerhalb der EU gebe es Akteure, die wieder zurück zu einem „Europa der Vaterländer“ wollen. Als Beispiel führte Barley den ungarischen Präsidenten Viktor Orbán und den slowakischen Premier Robert Fico an. Diese seien aber nicht alleine: In Österreich strebe die FPÖ unter Herbert Kickl nach dem Vorbild Viktor Orbáns an, die Presse unter Kontrolle zu bringen und die Justiz zu beschränken. Diese Entwicklungen seien eine Bedrohung für Europa. In verschiedenen Ländern wie etwa Schweden kooperieren konservative Parteien bereits mit Faschisten. Mit Blick auf die CDU sagte Barley: „Die Brandmauer gegen rechts, über die wir in Deutschland reden, steht in Europa nicht mehr“. 

Gerade jetzt brauche man daher Sozialdemokratie, um die EU als Friedensprojekt aufrecht zu erhalten. Barley betonte: „Wir dürfen nicht zulassen, dass die aktuell brennenden Themen uns auseinanderbringen.“ Klimaschutz beispielsweise nutze uns allen. Auch bei der Digitalisierung und künstlichen Intelligenz gebe es sozialdemokratische Antworten, die die Chancen bewahren und Menschen vor Risiken schützen. 

Auch Sankt Martin habe die Nöte des anderen wahrgenommen und sich in der Verantwortung gesehen, zu helfen. Somit stehe er auch für soziale Gerechtigkeit. Zum Abschluss stellt sie daher fest: „Sankt Martin hätte die SPD gewählt.“