„Der Arbeitsmarkt in der Region ist seit rund vier Jahren gebeutelt und die Herausforderungen groß. Die unsicheren Zeiten begannen mit der Corona-Pandemie, und seitdem scheint eine Krise der nächsten die Klinke in die Hand zu geben“, sagt Karin Käppel, Leiterin der Göppinger Arbeitsagentur, im Gespräch mit Dr. Nils Schmid, Mitglied des Deutschen Bundestages anlässlich eines Austauschs in der Agentur für Arbeit Kirchheim. Trotz der vielfältigen Herausforderungen hat sich der Arbeitsmarkt in der Region überwiegend robust gezeigt. Zuletzt hatte auch die beängstigende Situation durch das Jahrhunderthochwasser allen, auch Unternehmen, viel abverlangt. Die Arbeitsagentur hatte deshalb auch für die Nutzung des Kurzarbeitergeldes geworben, um betroffene Betriebe in dieser schwierigen Situation gut zu unterstützen.
Wichtiger Punkt in dem konstruktiven Austausch war auch die Situation geflüchteter Menschen auf dem Arbeitsmarkt. Aktuell sind 1 071 Geflüchtete aus der Ukraine derzeit im Landkreis Esslingen arbeitslos gemeldet und auf der Suche nach einem Job. Dazu kommen weitere geflüchtete Personen aus den sogenannten Hauptherkunftsländern wie Syrien, dem Iran oder der Türkei.
„Der beste Weg in die Gesellschaft führt über die Arbeit“, betont Simon Bürkle, Geschäftsstellenleiter der Agentur für Arbeit Kirchheim. Allerdings ist Sprache der wichtigste Hebel dafür, und viele Geflüchtete haben zwar einen Sprachkurs absolviert und können sich in alltäglichen Situationen gut verständigen, sind aber insbesondere bei berufsbezogenen Begriffen noch nicht perfekt. „Wir begrüßen es deshalb sehr, wenn Betriebe Geflüchteten auch dann eine Chance geben und diese berufsbegleitend ihre Sprachkenntnisse verbessern können. Dazu braucht es ein Stück Vorschussvertrauen und die Bereitschaft, sich überhaupt darauf einzulassen“.
Darauf eingelassen hat sich auch das Jobcenter Landkreis Esslingen, das zum 1. Mai fünf geflüchtete Menschen aus der Ukraine eingestellt und gute Erfahrungen damit gemacht hat. „Wir wollen Menschen, die aus der Ukraine zu uns geflüchtet sind und jetzt ihren Lebensmittelpunkt hier haben oder aufbauen, auch eine berufliche Perspektive eröffnen. Das ist zum einen die Kernaufgabe des Jobcenters, das Bürgergeldbezieher schnellstmöglich eine Beschäftigung aufnehmen, um Hilfebedürftigkeit zu beenden oder zu reduzieren. Zum anderen ist das aber auch für uns als Jobcenter ein riesen Chance, denn wir hatten offene Stellen, für die wir Mitarbeiter gesucht haben und so jetzt besetzen konnten“, sagt Astrid Mast, Geschäftsführerin des Jobcenters.
„Die Gespräche mit den Arbeitsmarktexperten schätze ich sehr. Das Ziel des Job-Turbos ist eine schnelle und dennoch nachhaltige Arbeitsaufnahme, nachdem die Geflüchteten in den Sprachkursen das Rüstzeug dafür bekommen haben. Aus vielen Bürgergesprächen weiß ich, dass die Frage der Arbeitsaufnahme ganz wichtig ist für die Akzeptanz der Flüchtlingsaufnahme in Deutschland. Die konkrete Umsetzung des Job-Turbos vor Ort interessiert mich sehr. Sie zeigt, an welchen Stellschrauben Politik ansetzen kann und ist für eine tiefgehende Auseinandersetzung mit den Herausforderungen auf dem Arbeitsmarkt unverzichtbar“, resümiert Dr. Nils Schmid mit Blick auf die Umsetzung und den Erfolg vor Ort.
Ein Beispiel für die gelungene Umsetzung vor Ort ist die Filderklinik aus Filderstadt, die darüber berichteten, wie sie den Weg bis zur Einstellung geflüchteter Menschen erleben und welche Herausforderungen und Unterstützung es dabei gibt. Frau Prof. Dr. Zdichavsky, Chefärztin der Chirurgie in der Filderklinik, betont: „Gerade in der heutigen Zeit ist das Gesundheitswesen mit dem bekannten Fachkräftemangel sehr konfrontiert. Grundsätzlich freuen wir uns über alle Bewerbungen von Fachkräften. Über die Bewerbung von Frau Horobeiko habe ich mich besonders gefreut, da sie exzellent ausgebildet und hoch motiviert ist. In der Filderklinik sind wir sehr offen für Mitarbeitende mit Migrationshintergrund was unsere Klink lebendig und bunt macht.“. Maryna Horobeiko arbeitet seit Anfang Mai als Koordinatorin in der Filderklinik. Sie ist gerade dabei ihr Medizinstudium in Deutschland anerkennen zu lassen, um auch in der Zukunft als Ärztin tätig sein zu können. Sie sagt: „Am Anfang habe ich versucht eine Arbeit zu finden, bei der man Englisch sprechen kann, weil ich die englische Sprache schon gut konnte. Da ich mich aber unbedingt in Deutschland integrieren wollte fing ich an mich auf langfristige Ziele zu konzentrieren. Hierfür war für mich die Belegung eines Deutschkurses an der VHS in Filderstadt wichtig. Leider wurden meine ersten Bewerbungen in verschiedenen Einrichtungen im Stuttgarter Raum sofort von den Personalabteilungen abgelehnt. Diese Erfahrung war sehr frustrierend. Daher habe ich mich in der Filderklinik direkt an das Chefsekretariat gewandt, was zum Glück auch zum Erfolg geführt hat.“.
Hintergrund:
Im Oktober 2023 haben die Bundesregierung und die Bundesagentur für Arbeit mit Partnern aus der Wirtschaft den Job-Turbo ins Leben gerufen. Ziel ist es, arbeitsuchende Geflüchtete mit Ende ihres Sprachkurses in Beschäftigung zu bringen. Zum Personenkreis des Job-Turbos zählen die arbeitsuchend gemeldeten Geflüchteten aus der Ukraine sowie aus den stärksten Asylherkunftsländern, die zwischen Herbst 2023 und Juli 2024 ihren Sprachkurs beenden.
Quelle: Agentur für Arbeit Göppingen